BGH: Schadensersatz bei verfrühter SCHUFA-Meldung

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 13.05.2025 (VI ZR 67/23) eine Entscheidung über immateriellen Schadensersatz bei verfrühter SCHUFA-Meldung getroffen. Im Mittelpunkt steht die Frage, wann und unter welchen Voraussetzungen eine betroffene Person Anspruch auf immateriellen Schadensersatz nach Art. 82 Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wegen eines unzulässigen SCHUFA-Eintrags gegenüber dem meldenden Unternehmen geltend machen kann. Der BGH nutzt den Fall, um überzogenen Anforderungen an die Darlegung eines Schadens eine Absage zu erteilen.

Hintergrund zum Fall

Dem Verfahren lag ein bereits länger andauernder Rechtsstreit zugrunde. Der Kläger wendet sich gegen einen Negativvermerk bei der SCHUFA, den ein Inkassounternehmen, dass Mandanten aus dem Energiesektor betreute, nach einer verspätet beglichenen Forderung veranlasst hatte. Dies geschah am gleichen Tag, an dem der Vollstreckungsbescheid gegen den Kläger zugunsten des Energieversorgers ausgestellt wurde.

Es stellte sich jedoch heraus, dass die Datenübermittlung an die SCHUFA trotz der verspäteten Bezahlung rechtswidrig erfolgt war. Das Inkassounternehmen hätte nämlich zunächst wenigstens den Ablauf der Einspruchsfrist gegen den Vollstreckungsbescheid abwarten müssen. Infolge der Eintragung schilderte der Kläger, die Kündigung von Kreditkarten sowie den drohenden Verlust des Bankkontos und des Immobilienkredits. Außerdem sei er etwa 20 Stunden mit der Beseitigung der Folgen beschäftigt gewesen.

Das Landgericht Mainz hatte dem Kläger 2021 (3 O 12/20) einen immateriellen Schadensersatz in der beachtlichen Höhe von 5.000 € nebst Zinsen zugesprochen. Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz hob daraufhin als Berufungsinstanz dieses Urteil weitgehend auf und versagte einen Schadensersatz vollständig, da es hohe Anforderungen an den Nachweis des Schadens stellte.

Kontrollverlust als immaterieller Schaden

Diese Sichtweise hat der BGH nun in zentralen Punkten revidiert. Ein immaterieller Schaden ergibt sich laut BGH bereits aus den dargelegten Folgen bezüglich der Kreditwürdigkeit. Kern der Entscheidung des BGH war aber insbesondere die Würdigung des Kontrollverlusts über personenbezogene Daten als eigenständige schadensauslösende Beeinträchtigung. Danach kann auch die bloße Sorge um den weiteren Verbleib der Daten und deren mögliche Folgen einen ersatzfähigen Schaden begründen. Es genügt, dass die Betroffenen den Eintritt konkreter, persönlich belastender Folgen plausibel schildern. Ein zusätzlicher „Beweis“ des Missbrauchs sei nicht erforderlich.

Keine Spekulation zulasten der Betroffenen

Im Übrigen kritisiert der BGH die Argumentation des OLG Koblenz deutlich. Dieses hatte die wirtschaftlichen Nachteile des Klägers mit dem Hinweis relativiert, dass er möglicherweise noch andere Kreditkarten zur Verfügung gehabt habe. Derartige Mutmaßungen, so der BGH, verstoßen gegen den Beibringungsgrundsatz mangels entsprechendem Parteivortrag. Gerichte seien gehalten, sich auf das tatsächlich Vorgetragene zu stützen, nicht aber hypothetische Alternativen heranzuziehen, um Ansprüche zu entkräften.

Signalwirkung für datenübermittelnde Unternehmen

Das Urteil hat weitreichende Folgen für alle Stellen, die personenbezogene Daten an Auskunfteien wie die SCHUFA melden, insbesondere aus dem Finanz-, Telekommunikations– und Energiesektor. Sie müssen künftig noch genauer prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Negativmeldung tatsächlich vorliegen. Fehler in diesem Prozess können schnell zu Schadensersatzansprüchen mit unklarer Obergrenze führen. Zwar hat der BGH im konkreten Fall keine Entschädigungssumme ausgesprochen, doch die deutlichen Worte zur Anerkennung des Schadens lassen erwarten, dass Gerichte in vergleichbaren Fällen künftig großzügiger entscheiden könnten.

Für betroffene Unternehmen bedeutet das auch ein erhöhtes Prozessrisiko. Zudem steigt mit zunehmender Digitalisierung von Vertragsverhältnissen zugleich die Sichtbarkeit solcher Negativmeldungen, etwa im Rahmen automatisierter Bonitätsprüfungen oder bei algorithmengestützter Kreditvergabe. Insofern steigen auch die Risiken für den Eintritt eines höheren Schadens.

Fazit

Die Entscheidung des BGH zum Schadensersatz bei verfrühter SCHUFA-Meldung setzt einen klaren Kontrapunkt zur bislang eher zurückhaltenden deutschen Rechtsprechung im Bereich des immateriellen Schadensersatzes. Unternehmen sind gut beraten, ihre Meldeprozesse kritisch zu überprüfen, Dokumentationspflichten ernst zu nehmen und Betroffene rechtzeitig und transparent zu informieren. Wer an Auskunfteien meldet sollte deshalb die datenschutzrechtliche Zulässigkeit exakt prüfen.