Die rasante Entwicklung der Künstlichen Intelligenz eröffnet die Möglichkeit menschliche Stimmen durch KI-Technologien zu nutzen und zu imitieren. Dies bringt aber auch eine Vielzahl neuer rechtlicher Herausforderungen mit sich. Ein Urteil des Landgerichts Berlin unterstreicht nun die Grenzen des Einsatzes von KI-Stimmklonen und stärkt die Rechte betroffener Personen.
Die Stimme als schutzwürdiges Gut im Zeitalter der KI
In Zeiten, in denen KI Stimmen realitätsnah imitieren kann, gewinnt der Schutz der menschlichen Stimme zunehmend an Bedeutung. Die technologische Entwicklung schreitet dabei rasant voran: Modelle wie Elevenlabs v3 sind in der Lage, Stimmen mit mehr Ausdrucksmöglichkeiten zu erzeugen, darunter Flüstern, Lachen, Seufzen und überraschte Reaktionen, sowie komplexe Mehrsprecher-Dialoge zu simulieren, was die Authentizität weiter erhöht. Gleichzeitig mehren sich beunruhigende Beispiele von Stimmenmissbrauch durch KI. Im Musikbereich geraten KI-Musikgeneratoren wie beispielsweise SunoAI durch urheberrechtlich fragwürdige KI-Musik vor Gericht. Auch Hollywood-Stars wie Scarlett Johansson werfen KI-Anbietern bereits vor, ihre Stimme ohne Einwilligung nachgeahmt zu haben.
Dabei fallen genetische und biometrische Daten, die zur eindeutigen Identifizierung einer natürlichen Person nutzbar sind unter den besonderen Schutz von Art. 9 DSGVO. Ein Schutz der Stimme kann sich jedoch nicht nur aus der DSGVO ergeben, sondern auch aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht. Dieses kann sowohl immaterielle als auch vermögenswerte Interessen erfassen. So stellte bereits der Bundesgerichtshof im Marlene-Dietrich-Urteil (BGH, Urteil vom 1.12.1999 – I ZR 49/97) klar, dass neben Name und Bild auch die Stimme als identitätsprägendes Merkmal geschützt sein kann. Ebenso erkannte das OLG Hamburg (Urteil vom 8.5.1989 – 3 W 45/89) an, dass die Nachahmung der Stimme von verstorbenen Heinz Erhardt in einem Werbespot unzulässig sei, da auch sein Stimmklang und Sprachgebrauch dem Schutzbereich des Persönlichkeitsrechts unterfalle.
Der Sachverhalt vor dem Landgericht Berlin
Das Landgericht Berlin (Urteil vom 20.08.2025 – 2 O 202/24) hatte über einen Fall zu entscheiden, bei dem ein bekannter Synchronsprecher, unter anderem bekannt als deutsche Stimme von Bruce Willis, betroffen war. Seine Stimme wurde ohne seine Zustimmung mittels eines KI-Stimmklons in zwei YouTube-Videos verwendet. Der Betreiber des Kanals, der gleichzeitig einen Online-Shop führte, veröffentlichte Videos mit politischem Inhalt und nutzte die prominente Stimme, um Zuschauer anzuziehen und seine kommerziellen Interessen zu fördern.
Rechtliches Kernproblem
Die zentrale rechtliche Frage in diesem Fall war, ob die Nutzung einer KI-generierten Stimme, die einer bekannten Synchronstimme täuschend ähnlich ist, ohne die Einwilligung des Betroffenen einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht darstellt. Entscheidend war dabei die Wiedererkennbarkeit der Stimme: Das Gericht musste klären, ob selbst eine synthetisch erzeugte Stimme identifizierbar sein kann und somit eine „Zuordnungsverwirrung“ erzeugt, bei der das Publikum fälschlicherweise eine Beauftragung und Zustimmung des Sprechers annimmt. Darüber hinaus stand zur Debatte, ob die Nutzung der Stimme als Satire oder lediglich als „klangvolle Wahl“ der Stimme zu werten war oder primär kommerziellen Zwecken diente.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Gericht stellte klar, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht an der eigenen Stimme umfasst, insbesondere bei bekannten Synchronstimmen. Es bestätigte, dass selbst eine synthetisch erzeugte Stimme identifizierbar sein und somit eine „Zuordnungsverwirrung“ erzeugen kann, bei der das Publikum fälschlicherweise eine Beauftragung und Zustimmung des Sprechers annimmt. Das Gericht wies Argumente des Kanalbetreibers zurück, es handele sich um Satire oder die Stimme sei lediglich „klangvoll gewählt“, da die Nutzung primär kommerziellen Zwecken diente – der Steigerung der Reichweite und der Bewerbung des Webshops – und nicht der künstlerischen Auseinandersetzung mit der Person oder der Stimme des Betroffenen. Als Rechtsfolgen erkannte das Gericht dem Sprecher einen Unterlassungsanspruch zu und sprach ihm Schadensersatz in Form einer fiktiven Lizenzgebühr zu. Diese wurde auf 2.000 Euro pro Video festgesetzt, basierend auf üblichen Sprecherhonoraren für Werbeaufträge, was in Summe 4.000 Euro für die beiden Videos bedeutete.
Fazit
Das Urteil des LG Berlin zeigt deutlich, dass die menschliche Stimme auch in Zeiten synthetischer Nachbildungen rechtlich geschützt ist. Sowohl das allgemeine Persönlichkeitsrecht als auch die DSGVO können hier einschlägig sein. Unternehmen sollten daher beim Einsatz von KI-Stimmklonen besonders vorsichtig sein – eine Lizenz vom KI-Anbieter genügt nicht. Ohne ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person drohen Unterlassungsansprüche, Schadensersatzforderungen und erhebliche Reputationsrisiken. Es empfiehlt sich, auf rechtlich geprüfte, lizenzierte oder nachweislich gemeinfreie Inhalte zurückzugreifen. Für kommerzielle Projekte kann eine rechtssicher erworbene Lizenz am Ende günstiger sein als ein Rechtsstreit.
Unser KINAST „KI-Beauftragter“ ist von der Einhaltung der europäischen KI-Verordnung bis hin zur Datenschutz-Compliance Ihr vertrauensvoller Partner für alle rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen rund um den Einsatz von KI.
Der „KI-Beauftragte“ –
Ihre Lösung für rechtssichere KI-Compliance
Wir bieten Unternehmen eine umfassende Lösung für die rechtlichen und regulatorischen Herausforderungen, die der Einsatz von KI mit sich bringt.
