Mit Urteil vom 16.07.2025 (T-183/23) hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) festgestellt, dass Beschwerdeführer unter bestimmten Voraussetzungen Zugang zu den Unterlagen erhalten müssen, die im Rahmen eines bindenden Beschlusses des Europäischen Datenschutzausschusses (EDSA) erstellt wurden. Damit stärkt der EuG die Einsichtsrechte gegenüber dem EDSA. Das Urteil bringt neue Klarheit zur Rolle Betroffener in Verfahren nach dem Kohärenzmechanismus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und betont die Bedeutung des Grundrechts auf rechtliches Gehör.

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Hintergrund: Beschwerde gegen Meta

Ausgangspunkt des Verfahrens war eine Beschwerde, die Lisa Ballman im Mai 2018 über die Datenschutzorganisation noyb bei der österreichischen Datenschutzbehörde gegen Facebook Ireland Ltd (heute Meta) eingereicht hatte. Beanstandet wurde eine aus ihrer Sicht unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten. Da es sich um eine grenzüberschreitende Angelegenheit handelte, landete das Verfahren bei der irischen Datenschutzbehörde (DPC) als federführende Aufsichtsbehörde.

Im Jahr 2021 legte die DPC anderen betroffenen Aufsichtsbehörden einen Entwurf ihrer Entscheidung zur Prüfung vor. Einige von ihnen brachten formelle Einwände ein. Ballman erhielt jedoch keinen Zugang zu diesen Dokumenten und konnte weder zu den Einwänden noch zu den Erwiderungen von Meta Stellung nehmen. Im Juli 2022 verwies die DPC das Verfahren zur verbindlichen Entscheidung an den EDSA, der im Dezember 2022 eine entsprechende Entscheidung gemäß Art. 65 DSGVO erließ. Die DPC passte daraufhin ihre endgültige Entscheidung an.

Ballman beantragte daraufhin Akteneinsicht in die dem EDSA übermittelten Unterlagen, insbesondere solche, die den strittigen Punkten zwischen den Aufsichtsbehörden zugrunde lagen. Der EDSA wies dieses Gesuch im Februar 2023 zurück.

Recht auf Gehör gilt auch im Kohärenzverfahren

Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass der Anwendungsbereich von Art. 65 Abs. 1 lit. a DSGVO auf Konflikte zwischen Aufsichtsbehörden beschränkt ist. Das bedeute jedoch nicht, dass die betroffene Person von dem Verfahren vollständig ausgeschlossen werden darf. Vielmehr sei ihre ursprüngliche Beschwerde Auslöser und zentraler Bezugspunkt des gesamten Entscheidungsprozesses. Damit habe sie ein berechtigtes Interesse daran, zu erfahren, ob und inwieweit ihre Vorbringen in die abschließende Bewertung eingeflossen sind.

Das Gericht betont, dass die betroffene Person einen unmittelbaren Bezug zum Verfahren habe, wenn dieses die Verarbeitung ihrer eigenen personenbezogenen Daten betrifft. Daraus ergebe sich nach Art. 41 Abs. 2 lit. b der EU-Grundrechtecharta ein Recht auf Zugang zu den wesentlichen Unterlagen, die Grundlage der Entscheidung des EDSA waren. Das Gericht widersprach damit ausdrücklich der Argumentation des EDSA, wonach Ballman kein Anspruch auf Einsichtnahme zustehe.

Folgen für die Aufsichtspraxis und betroffene Unternehmen

Für Unternehmen bedeutet das Urteil eine mögliche Veränderung in der Dynamik von Beschwerdeverfahren. Wenn betroffene Personen künftig stärker in den Abstimmungsprozess zwischen den Aufsichtsbehörden eingebunden werden, sei es durch Einsicht in Unterlagen oder durch die Möglichkeit zur Stellungnahme, kann dies sowohl Verfahrensdauer als auch Rechtsunsicherheit erhöhen. Andererseits stärkt das Urteil das Vertrauen in die Durchsetzung der DSGVO, indem es die Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen verbessert.

Fazit

Das Urteil des EuG stärkt die Einsichtsrechte von Betroffenen gegenüber dem EDSA. Insofern ist es ein bedeutsamer Schritt für die datenschutzrechtliche Beteiligungskultur in Europa. Es betont, dass betroffene Personen nicht nur formell eine Beschwerde einreichen dürfen, sondern auch das Recht haben, den weiteren Verlauf des Verfahrens nachzuvollziehen. Gerade in Verfahren, in denen die Aufsichtsbehörden zu gegensätzlichen Einschätzungen gelangen und der EDSA eine verbindliche Entscheidung trifft, ist dieses Recht auf Transparenz zentral.