Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei KI im Unternehmen

Die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. (GDD) hat jüngst ein Kurzpapier veröffentlicht, das sich mit der Mitbestimmung des Betriebsrats beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Unternehmen auseinandersetzt. Anlass ist die wachsende Verbreitung KI-gestützter Systeme in der Arbeitswelt. Ein Trend, der insbesondere aus datenschutz- und arbeitsrechtlicher Perspektive erhebliche Relevanz entfaltet.

Mitbestimmung bei technischer Überwachung

Das GDD-Kurzpapier beleuchtet zentrale Fragestellungen im Spannungsfeld zwischen KI-Einsatz und Mitbestimmungsrecht. Ausgangspunkt ist § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Danach besteht ein Mitbestimmungsrecht, wenn technische Einrichtungen eingesetzt werden, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern zu überwachen. Laut Bundesarbeitsgericht (BAG, Beschl. v. 9.9.1975 – 1 ABR 20/74) genügt hierfür bereits die objektive Eignung zur Überwachung – unabhängig davon, ob der Arbeitgeber diese Absicht tatsächlich verfolgt oder Daten auswertet.

Betroffen sein können beispielsweise Zeiterfassungs- und Monitoring-Tools, GPS-Tracking oder auch KI-basierte Systeme, die personenbezogene Protokolldaten generieren und so Rückschlüsse auf Leistung oder Verhalten ermöglichen. Dazu zählt auch algorithmisches Management (AM), welches die EU-Kommission zuletzt in einer Studie im Hinblick auf Datenschutz und Arbeitsrecht untersucht hat. Mitbestimmungsrechte können sich darüber hinaus aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergeben, wenn das Ordnungsverhalten der Beschäftigten betroffen ist, sowie aus § 95 BetrVG, wenn KI in Auswahlrichtlinien zur Personalauswahl einfließt.

Kein Mitbestimmungsrecht bei reiner Systemeinführung

Die bloße Entscheidung, KI-Systeme einzuführen oder für bestimmte Prozesse zu verwenden, unterliegt regelmäßig nicht der Mitbestimmung. Sie ist Ausdruck der unternehmerischen Gestaltungsfreiheit. Erst wenn der Einsatz auf das Arbeitsverhalten der Beschäftigten einwirkt oder Überwachungsfunktionen mit sich bringt, ist die Mitbestimmung eröffnet.

Überwachung als maßgeblicher Auslöser

Sobald eine KI-Anwendung geeignet ist, Verhalten oder Leistung zu kontrollieren, sei ein Mitbestimmungsrecht zu prüfen. Die GDD verweist darauf, dass es dabei nicht auf subjektive Absichten des Arbeitgebers ankomme, sondern auf die technische Funktionsweise. Die Abgrenzung kann im Einzelfall komplex sein.

So verneinte das Arbeitsgericht Hamburg (16.01.2024 – 24 BVGa 1/24) ein Mitbestimmungsrecht beim Einsatz von ChatGPT über private Browser-Zugänge. Das AG Hamburg argumentiert, dass die Überwachung nicht durch das KI-Tool selbst, sondern höchstens über Browserdaten erfolgen könnte. Anders könne dies zu bewerten sein, wenn der Arbeitgeber dienstliche Accounts bereitstellt oder Zugriff auf nutzerbezogene Protokolldaten hat wie etwa bei lokal gehosteten KI-Systemen.

Datenschutzrechtliche Implikationen

Der GDD-Impuls fügt sich ein in eine breite politische und regulatorische Debatte. Die EU-KI-Verordnung (KI-VO) klassifiziert Systeme mit erheblichen Risiken – etwa im Kontext algorithmischer Entscheidungsfindung im Personalbereich – als Hochrisiko-KI. Für diese gelten strengere Anforderungen wie beispielsweise menschliche Aufsicht oder Durchführung von Datenschutz-Folgenabschätzungen. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) forderte beim Digital-Gipfel 2023 zur KI-Regulierung eine klare Einbindung der Sozialpartner. So sprach sich DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi für eine Öffnungsklausel in der KI-VO aus – analog zur DSGVO –, um bestehende betriebliche Mitbestimmungsrechte zu sichern.

Fazit

Das GDD-Kurzpapier verdeutlicht, dass der Einsatz von KI-Systemen am Arbeitsplatz nicht nur technologische, sondern auch vielschichtige arbeits- und datenschutzrechtliche Fragen aufwirft. Unternehmen sollten frühzeitig prüfen, ob und wann Mitbestimmungsrechte ausgelöst werden, insbesondere bei potenzieller Leistungs- oder Verhaltenskontrolle. Der Aufbau eines tragfähigen Risikomanagements und die enge Einbindung der betrieblichen Interessenvertretung sind zentrale Erfolgsfaktoren für eine rechtssichere KI-Implementierung. Darüber hinaus kann die Beteiligung von Betriebsräten ebenso wie eine transparente interne Kommunikation auch zu mehr Akzeptanz und einer vertrauensvollen Unternehmenskultur beitragen.

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