Mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat die EU seit 2018 ein einheitliches Datenschutzrecht geschaffen. Hierzu gehört auch ein Mechanismus zur Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden in staatenübergreifenden Fällen. Doch gerade diese Kooperation hat sich in der Praxis als zäh, komplex und teils unübersichtlich erwiesen. Nun soll laut Mitteilung vom 16.06.2025 eine Einigung zwischen dem Rat und dem EU-Parlament über verbesserte grenzüberschreitende DSGVO-Verfahren erfolgt sein. Die neue Verfahrensverordnung soll schnellere, vereinheitlichte und einfachere Lösungen herbeiführen.
Entwurf für neue Verfahrensverordnung
Die Durchsetzung einheitlicher Datenschutzstandards stockt insbesondere bei grenzüberschreitenden Sachverhalte. Der sogenannte One-Stop-Shop-Mechanismus bestimmt, dass die federführende Datenschutzbehörde am Sitz des betroffenen Unternehmens zuständig ist. Diese soll mit den anderen betroffenen Aufsichtsbehörden zusammenarbeiten. In der Praxis ist die Kooperation jedoch durch national unterschiedliche Verwaltungsverfahren und unklare Zuständigkeiten geprägt, sodass sich Fälle häufig um Jahre verzögern oder sogar komplett unbearbeitet bleiben.
Bisheriger Gesetzgebungsprozesses
Deshalb hat die EU-Kommission im Juli 2023 eine Reform vorgeschlagen. Das EU-Parlament hat im April 2024 dann bekannt gegeben, dass sich seine Mitglieder auf eine Position zu neuen Verfahrensregeln geeinigt haben. Der ursprüngliche Entwurf des EU-Parlaments zur Verfahrensverordnung soll deutlich stärkere Rechte für Betroffene, kürzere Fristen und verbindlichere Transparenzstandards vorgesehen haben. Im Laufe der Trilogverhandlungen seien laut Kritikern jedoch nahezu alle dieser Positionen aufgegeben worden.
Einigung zwischen Rat und Parlament
Laut Mitteilung des Europäischen Rats soll zusammen mit dem EU-Parlament nun eine vorläufige Einigung über grenzüberschreitende DSGVO-Verfahren erfolgt sein. Laut Krzysztof Gawkowski, stellvertretende Ministerpräsident, soll dies eine Beschleunigung von Beschwerden für Bürger und Organisationen herbeiführen. „Beispielsweise [sollen] in Bezug auf die Rechte von Beschwerdeführern“ die Verwaltungsverfahren „gestrafft werden, sodass die Durchsetzung der DSGVO […] effizienter wird.
Wesentliche Neuerungen
Zentrale Neuerung sei die Harmonisierung der Zulässigkeitsprüfung bei grenzüberschreitenden Beschwerden. Außerdem sollen betroffene Unternehmen oder Organisationen einen Anspruch auf rechtliches Gehör in relevanten Verfahrensschritten erhalten. Hingegen erhält der Beschwerdeführer – ebenso wie Unternehmen und Organisationen – lediglich das Recht „die vorläufigen Feststellungen (vor der endgültigen Entscheidung) zu erhalten, um sich dazu zu äußern“.
Neue Fristen
Weiterhin sieht der neue Rechtsrahmen verbindliche Fristen für den Abschluss von Untersuchungen vor. In der Regel soll dies binnen 15 Monaten geschehen. In besonders komplexen Fällen kann eine Verlängerung um weitere 12 Monate beantragt werden. Bei einfach gelagerten Fällen soll die Bearbeitung sogar innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein.
Mechanismus zur frühzeitigen Beilegung
Auch soll es einen Mechanismus zur frühzeitigen Beilegung geben. Hierdurch können Aufsichtsbehörden Fälle bereits im Frühstadium abschließen, wenn das betroffene Unternehmen geeignete Maßnahmen getroffen hat und der Beschwerdeführer mit dieser Lösung einverstanden ist. Damit entsteht ein Instrument, das die Einleitung eines langwierige Standardverfahrens unter Hinzuziehen anderer Behörden vermeiden und pragmatische Lösungen im Sinne aller Beteiligten fördern kann.
Kooperation zwischen den Behörden
Der neue Rechtsakt verpflichtet zudem die federführende Behörde, eine strukturierte Zusammenfassung der wesentlichen Fragen an die beteiligten Behörden zu übermitteln. Dies soll die Stellungnahme anderer Aufsichtsbehörden erleichtern und den Austausch effizienter gestalten. In einfachen Fällen kann zudem auf bestimmte formale Anforderungen verzichtet werden, was die Verfahrensdauer weiter reduzieren soll.
Kritik an den Entwürfen
Schon der erste Entwurf der Kommission offenbarte eklatante Mängel. Insofern listete der BEUC verschiedene Vorschläge auf, die für eine effizientere Durchsetzung sorgen könnten. Im April äußerte auch noyb erste Zweifel. Insbesondere sieht die Bürgerrechtsorganisation eine strukturelle Benachteiligung von Betroffenen gegenüber Unternehmen. Während datenverarbeitenden Unternehmen umfassende Mitwirkungs- und Anhörungsrechte eingeräumt würden, würden betroffenen Personen lediglich eingeschränkte und erschwerte Möglichkeiten in Form des Rechts auf Äußerung bleiben. Deshalb erwägt noyb ein Nichtigkeitsverfahren gegen den Entwurf für die DSGVO-Verfahrensverordnung vor dem Europäischen Gerichtshof einzureichen, falls der Entwurf in der Form von Mai verabschiedet wird. Ob nun durch die jüngste Einigung eine Verbesserung aus Sicht der Datenschutzorganisation eingetreten ist, ist noch unklar.
Wie geht es weiter?
Vor einer Verabschiedung müssen nun noch sowohl der Rat als auch das EU-Parlament die Einigung final bestätigen. Danach können die neuen Vorschriften in Kraft treten und werden in der Regel nach einer entsprechenden Umsetzungsfrist gültig.
Fazit
Die Einigung von Rat und Parlament über grenzüberschreitende DSGVO-Verfahren zielt darauf ab, das Datenschutzrecht auch in der Praxis wirksamer durchzusetzen. Auch wenn es sich nicht um einen vollständigen Systemwechsel handelt, könnte der neue Rechtsrahmen spürbare Veränderungen bringen. Ob die neuen Vorschriften aber tatsächlich die gewünschten Vereinfachungen einleiten werden oder nicht eher wie von Kritikern befürchtet eine Verschlechterung herbeiführen, wird sich erst in Zukunft zeigen. Für Unternehmen gilt es jetzt, die finale Umsetzung abzuwarten und sich auf die veränderte Verfahrenspraxis rechtzeitig einzustellen.