Mit Brasilien soll künftig ein Raum für freien und sicheren Datenverkehr entstehen. Die EU-Kommission hat deshalb am 05.09.2025 einen Entwurf für einen Angemessenheitsentscheidung für Brasilien veröffentlicht. Darin stellt sie fest, dass das südamerikanische Land ein Schutzniveau für personenbezogene Daten gewährleistet, das mit dem der EU vergleichbar ist. Auf dieser Grundlage wurde das Verfahren zur Verabschiedung einer Angemessenheitsentscheidung nach der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingeleitet. Für Unternehmen in der EU wie auch in Brasilien könnte dies den Umgang mit internationalen Datentransfers erheblich erleichtern und Rechtssicherheit schaffen.
Bedeutung von Angemessenheitsentscheidungen
Die DSGVO schreibt vor, dass für die Übertragung personenbezogener Daten von der EU in einen Drittstaat ein im Vergleich mit den europäischen Vorgaben angemessenes Datenschutzniveau vorliegen muss. Die EU-Kommission kann hierfür einen Angemessenheitsbeschluss nach Art. 45 DSGVO erlassen. Dann ist der internationale Datentransfer unter erleichterten Bedingungen möglich und es muss beispielsweise nicht auf Standardvertragsklauseln zurückgegriffen werden. Zurzeit gibt es solche Vereinbarungen mit 16 Ländern, darunter beispielsweise Großbritannien, Kanada und Neuseeland. Erst zwei Tage vor Veröffentlichung des Entwurfs für Brasilien hat das Gericht der Europäischen Union den US-Angemessenheitsbeschluss bestätigt.
Warum Brasilien?
Brasilien ist nicht nur die größte Volkswirtschaft Südamerikas, sondern auch ein zunehmend wichtiger Partner für die EU in Fragen von Wirtschaft, Forschung und Technologie. Vor diesem Hintergrund betont die Kommission die engen kulturellen und wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den Regionen. Ein gegenseitiger Angemessenheitsbeschluss würde nicht nur den transatlantischen Datenaustausch erleichtern, sondern zugleich die politische und wirtschaftliche Partnerschaft festigen. So könne insbesondere für Unternehmen, den Staat und die Forschung in großen Maße Datenaustausch betrieben werden.
In ihrer Pressemitteilung machten zuständige EU-Kommissare deutlich, dass das Vorhaben weit über technische Rechtsfragen hinausgeht. Henna Virkkunen, Exekutiv-Vizepräsidentin für Tech-Souveränität, Sicherheit und Demokratie, sprach von einem entscheidenden Schritt für die Annäherung der beiden Wirtschaftsräume, die ohnehin schon „natürliche Partner“ währen. Gerade in unsicheren Zeiten sei eine Orientierung an diesen essenziel. Sie verwies auf die gemeinsamen Herausforderungen und die Chance, die man den über 670 Millionen Konsumenten beider Märkte bieten könnte. Auch Michael McGrath, Kommissar für Demokratie, Justiz, Rechtsstaatlichkeit und Verbraucherschutz, hob hervor, dass Brasilien ein „robustes Fundament“ geschaffen habe, das den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten fest im Grundrechtsschutz verankere.
Datenschutzrechtliche Situation in Brasilien
Mit dem 2020 in Kraft getretenen Gesetz über den Schutz personenbezogener Daten (Lei Geral de Proteção de Dados – LGPD) hat das Land ein modernes Datenschutzsystem etabliert, das in seiner Struktur und seinen Grundprinzipien deutlich an die DSGVO angelehnt ist. Beispielsweise gibt es restriktive Kriterien für die Verwendung berechtigter Interessen als Rechtsgrundlage für Datenverarbeitungen. Verstärkt wird dieser Schutz durch die unabhängige nationale Datenschutzbehörde ANPD, die über weitreichende Aufsichts- und Durchsetzungsbefugnisse verfügt. Die Verabschiedung eines brasilianischen Parallelentwurfs für die Datenübertragung von Brasilien in die EU ist ebenfalls angestoßen.
Wie geht es weiter?
Der aktuelle Entwurf (abrufbar hier) wird nun zunächst dem Europäischen Datenschutzausschuss (EDSA) zur Stellungnahme vorgelegt. Anschließend müssen die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten in einem Ausschussverfahren zustimmen. Schließlich hat auch das Europäische Parlament ein Recht auf Kontrolle. Erst nach Abschluss dieses mehrstufigen Verfahrens kann die Kommission die endgültige Entscheidung annehmen.
Damit verbunden ist eine regelmäßige Überprüfung auch nach finaler Verabschiedung. Die Kommission behält sich vor, die Funktionsweise der Entscheidung in regelmäßigen Abständen zu evaluieren. So soll sichergestellt werden, dass das Schutzniveau in Brasilien dauerhaft gewährleistet bleibt und mögliche Veränderungen des rechtlichen oder politischen Umfelds rechtzeitig berücksichtigt werden.
Fazit
Für europäische Unternehmen, die mit Partnern in Brasilien zusammenarbeiten, ist der Entwurf für die Angemessenheitsentscheidung für Brasilien ein gutes Zeichen. Mit der Verabschiedung würde der internationale Datentransfer erheblich vereinfacht. Forschungsvorhaben, die Verarbeitung von Beschäftigtendaten innerhalb internationaler Konzerne oder der Austausch von Kundendaten in globalen Geschäftsmodellen könnten ohne zusätzliche Transferinstrumente erfolgen. Die Notwendigkeit, komplexe Vertragswerke zu implementieren oder auf unsichere Ausnahmetatbestände zurückzugreifen, entfiele.