Verbraucherschutz für KI-Agenten – Digital Fairness Act als Antwort auf „Custobots“

Die Europäische Kommission plant mit dem Digital Fairness Act (DFA) ein neues Gesetz, um Verbraucher besser vor unfairen Praktiken in der digitalen Welt zu schützen. Anlass sind zunehmende Risiken durch manipulative Designs, intransparente Preismodelle und den Einsatz von KI-Agenten („Custobots“), die eigenständig Kaufentscheidungen treffen. Eine aktuelle Studie zeigt, dass das bestehende EU-Verbraucherrecht auf diese neue Realität nicht wirklich vorbereitet ist und wo Anpassungen notwendig werden.

Digital Fairness Act

Die Europäische Kommission reagiert auf die wachsenden Bedenken hinsichtlich der mangelnden Fairness für Verbraucher in der digitalen Welt. Daher plant sie den Rechtsakt über digitale Fairness (Digital Fairness Act). Diese zielt darauf ab, verbleibende Mängel im Verbraucherrecht zu beheben, schutzbedürftige Verbraucher zu schützen und die wirksame Durchsetzung zu gewährleisten. Die Pläne fußen auf einer Eignungsprüfung des EU-Verbraucherrechts zur digitalen Fairness, deren Ergebnisse am 3. Oktober 2024 veröffentlicht wurden. Die Kommission forderte daraufhin zur Ausarbeitung des DFA auf, um gegen unethische Vorgehensweisen vorzugehen. Die öffentliche Konsultation, in der Interessenträger wie Unternehmen ihre Perspektiven einbringen konnten, lief bis zum 24. Oktober 2025. Der Gesetzgebungsvorschlag für den DFA wird voraussichtlich erst im 3. Quartal 2026 erwartet.

Probleme durch Künstliche Intelligenz für Verbraucher

Die Initiative sei notwendig, da das bestehende Verbraucherschutzrecht nicht umfassend geeignet ist, spezifische schädliche Praktiken und Herausforderungen im Internet anzugehen. Dies führe zu Lücken im Verbraucherschutz und zu Rechtsunsicherheit. Die Kommission will gezielt gegen manipulative Benutzeroberflächendesigns (Dark Patterns), irreführende Werbung durch Online-Influencer vorgehen. Auch die suchterzeugende Gestaltung digitaler Produkte und die Ausnutzung von Verbraucherschwächen durch Online-Profile ist Thema. Ebenfalls im Fokus stehen Probleme im Zusammenhang mit digitalen Verträgen, wie erschwerte Kündigungen von Abonnements und deren automatische Verlängerungen. Zudem wird auf die steigende Nutzung von Chatbots für den Kundendienst eingegangen. Auch unlautere Preisgestaltungspraktiken, wie das schrittweise Hinzufügen obligatorischer Kosten (Drip Pricing), die missbräuchliche Nutzung dynamischer Preise und irreführende Preisnachlässe, werden geprüft.

KI-Agenten fordern das „menschenzentrierte“ Verbraucherrecht heraus

Die Studie „Consumer Law for AI Agents“ untersucht, inwieweit das aktuelle EU-Verbraucherrecht für den Aufstieg von KI-Agenten – sogenannte „Custobots“ – gewappnet ist. KI-Agenten sind autonome Systeme, die komplexe Aufgaben wie Kaufentscheidungen planen und ausführen können, ohne dass der Mensch stark involviert ist. Da das geltende Verbraucherrecht primär menschenzentriert ist und von Entscheidungen ausgeht, die von Menschen getroffen werden, stellt diese Entwicklung die Grundannahmen des Verbraucherrechts in Frage. KI-Agenten könnten Vorteile bieten, indem sie beispielsweise besser informierte Entscheidungen treffen. Sie sind weniger anfällig für einige menschliche Verhaltensverzerrungen (Bias) oder die Vergesslichkeit beim Kündigen. Gleichzeitig können sie Informationen in größerem Umfang verarbeiten, was das Problem der Informationsüberlastung beim Menschen entschärft. Im Kontext von DFA und KI-Agenten gewinnt daher die Forderung, Informationen in einem „leicht zugänglichen und maschinenlesbaren Format“ bereitzustellen (z. B. der digitale Produktpass), an Bedeutung.

Allerdings sind KI-Agenten nicht immun gegen Manipulation. Obwohl sie wahrscheinlich weniger anfällig für typisch menschliche Dark Patterns (wie emotionale Werbung oder die Farbgestaltung von Buttons) sind, entstehen neue KI-spezifische Schwachstellen. Dazu gehören Adversarial Attacks (subtile Manipulationen digitaler Bilder oder Eingabedaten, um das KI-System zu täuschen) und Prompt-Injection-Angriffe, die den Custobot zu unerwünschten Transaktionen verleiten können. Die Notwendigkeit des Schutzes verlagert sich damit vom „magischen Moment“ des Vertragsabschlusses auf die Designanforderungen für die KI-Agenten selbst.

Fazit

Der geplante Digital Fairness Act soll einen einheitlicheren und berechenbareren Rechtsrahmen schaffen, der Verbraucher schützt und Unternehmen klare Vorgaben bietet. Für die Praxis bedeutet das vor allem: zentrale Compliance-Anforderungen und strategische Anpassungen. Digitale Produkte müssten nach dem Prinzip „Fairness by Design“ gestaltet werden, sodass Verbraucherschutz bereits in der Entwicklung berücksichtigt wird. Zudem sollten Unternehmen ihre Systeme auf KI-Agenten („Custobots“) vorbereiten und zentrale Verbraucherinformationen in maschinenlesbarer Form bereitstellen. Mit strengeren Regeln zu Transparenz, Dark Patterns und Vertragsmanagement sowie einer möglichen Umkehr der Beweislast steigen die Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit digitaler Prozesse. Der DFA könnte damit die Grundlagen des E-Commerce neu definieren.

KINAST: KI-Compliance aus einer Hand

  • individuelle KI-Beratung
  • externer KI-Beauftragter
  • modulare KI-Schulungskonzepte
Mehr erfahren