Mit dem neuen „Datenbarometer“ hat die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) ein Instrument geschaffen, das den gesellschaftlichen Blick auf Datenschutz systematisch erfassen und in politische wie fachliche Debatten einspeisen soll. Ziel ist es, künftig fundierter zu verstehen, wie Bürger Datenschutz erleben, bewerten und einordnen. Laut einer Pressemitteilung vom 02.10.2025 zeigt das Datenbarometer der BfDI bereits jetzt erste Reformimpulse.
Neues Instrument für evidenzbasierten Datenschutz
Die BfDI, Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, betont, sie wolle sich nicht länger auf „gefühlte Wahrheiten“ verlassen, sondern den Diskurs auf eine solide empirische Grundlage stellen. Hierdurch reagiert sie wohlmöglich auch auf immer wieder veröffentlichte Umfragen, wie etwa vom Digitalverband Bitkom, laut denen Unternehmen mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) unzufrieden sind und gerade für kleine und mittlere Unternehmen Datenschutz eine Herausforderung bleibt.
Das Datenbarometer soll nun regelmäßig repräsentative Umfragen veröffentlichen, die die Einstellungen und Erwartungen der Bevölkerung zu Datenschutzthemen sichtbar machen. Neben der bereits durchgeführten Umfrage zu Cookies könnten auch andere relevante Themen wie etwa zur elektronischen Patientenakte untersucht werden. Die Ergebnisse sollen öffentlich zugänglich sein und dienten nicht nur der fachlichen Arbeit der Behörde, sondern auch der politischen Argumentation gegenüber Gesetzgebern und Institutionen.
Datenschutzpolitik solle sich stärker an nachweisbaren gesellschaftlichen Realitäten orientieren. Die BfDI will laut ihrer Pressemitteilung so „auch die Professionalität und Unabhängigkeit“ ihrer Behörde fördern. Das müsste auch bedeuten, dass die Behörde plant Vorurteile, ob positiver oder negativer Art, zu prüfen und die Debatte zu versachlichen.
Erste Umfrage zu Cookie-Einwilligung und Einwilligungsverwaltung
Im Juli hatte das Meinungsforschungsinstitut forsa bereits im Auftrag der BfDI eine erste Umfrage durchgeführt. Konkret wurden die Ansichten von über 1.000 Menschen zu Cookies untersucht. Hierbei wurde insbesondere der Wissensstand über Cookies, die bevorzugte Einstellungen und das Verhältnis zu Einwilligungsverwaltung geprüft.
Ergebnisse: Zwischen Vertrauen, Skepsis und Überforderung
Die erste Erhebung verdeutlicht, dass Datenschutz in der öffentlichen Wahrnehmung ein komplexes und emotional aufgeladenes Thema bleibt und ganz unterschiedlich wahrgenommen wird. Interessant ist hier insbesondere, dass eher ältere Generationen eine negative Einstellung zu Datenschutz haben. Das ist insofern ironisch, da gerade Senioren, von denen immerhin 42 % eine negative Einstellung zu Datenschutz haben, vermehrt von Cyber-Kriminellen ins Visier genommen werden.
Unabhängig vom Alter verbinden nur rund ein Fünftel (22 %) der Befragten Datenschutz mit positiven Begriffen wie Sicherheit, Schutz oder Privatsphäre. Etwa ein Drittel (35 %) steht Datenschutz „neutral oder ambivalent“ gegenüber. Knapp 37 % sehen Datenschutz hingegen kritisch und werten ihn als bürokratisch oder übertrieben.
Besonders alarmierend ist für die BfDI, wenn Bürger angeben, Datenschutz existiere „doch gar nicht“. Dies deute auf ein Vertrauensdefizit hin, das langfristig die Akzeptanz der Datenschutzregulierung gefährden kann. Außerdem könne sich hier auch das Phänomen zeigen, dass Menschen gerne vergessen, wie die Zustände vor neuen Errungenschaften waren und deshalb diese Neuerrungen als überflüssig bewerten. Das zeigt sich beispielsweise auch oft bei Impfeinstellungen, Menschenrechten und Lebensmittelvorschriften.
Weckruf an die Datenschutzpolitik
Das Datenbarometer der BfDI zeigt insofern Reformimpulse. Bei einer anstehenden Überarbeitung der DSGVO müsse man laut Specht-Riemenschneider für „wirksame Selbstbestimmung im digitalen Raum, klare Regeln für grundrechtssensible Bereiche und einen Datenschutz, der den Menschen nützt“ und nicht mit „Informationspflichten“ überfordert, sorgen. Hier könnten insbesondere die zurzeit stark diskutierten Regelungen über die Rechenschaftspflicht ins Spiel kommen, die eigentlich für kleine und mittlere Unternehmen vereinfacht werden sollen.
Fazit
Das neue Datenbarometer der BfDI ist ein wichtiger Schritt, um den Datenschutz in Deutschland auf eine breitere, empirisch fundierte Basis zu stellen. Die Ergebnisse der ersten Erhebung zeigen, dass es weiterhin große Diskrepanzen zwischen juristischen Vorgaben, technischer Umsetzung und öffentlicher Wahrnehmung gibt.
Evidenzbasierter Datenschutz bedeutet, Entscheidungen nicht mehr nur aus der Perspektive der Regulierenden, sondern auch der Betroffenen zu treffen. Wenn es gelingt, diese Perspektiven zu vereinen, kann Datenschutz wieder das werden, was er ursprünglich sein sollte. Insofern sollte Datenschutz ein Garant für Vertrauen und Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter darstellen, der von Anfang an gedacht Unternehmen nicht behindert, sondern für Innovation sorgen kann.