OLG Bamberg: Datenschutz in Bewertungsportalen

Bewertungsplattformen sind für Unternehmen Fluch und Segen zugleich. Während positive Rückmeldungen das Unternehmensimage stärken können, stellen negative oder gar beleidigende Kommentare oftmals eine erhebliche Belastung dar. Seit Jahren beschäftigt daher Gerichte die Frage, inwieweit Unternehmen Anspruch auf Herausgabe personenbezogener Daten von anonymen Rezensenten haben. Am 16.06.2025 hatte das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg (6 W 6/25 e) erneut über die Voraussetzungen eines solchen Auskunftsanspruchs nach § 21 Abs. 2 S. 2 Telekommunikation-Digitale-Dienste-Datenschutz-Gesetz (TDDDG) und den Datenschutz in Bewertungsportalen zu entscheiden.

Auskunftsanspruch nach § 21 TDDDG

Kernpunkt der Entscheidung war die Auslegung von § 21 TDDDG, der Auskunftsansprüche gegen Anbieter digitaler Dienste regelt. Nach Abs. 2 sind Anbieter dazu verpflichtet, Auskunft über vorhandene Bestandsdaten zu erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche erforderlich ist. Anbieter von digitalen Diensten nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 TDDDG sind etwa Bewertungsplattformen, soziale Netzwerke oder Foren.

Erst Ende August hatte das OLG München in einem ähnlichen Fall geurteilt. Hier hatte ein negativ bewerteter Arbeitgeber zwar von der Bewertungsplattform Auskunft über die E-Mail-Adresse erhalten. Als er sich aber damit an den E-Mail-Provider wendete, um weitere Informationen über den Inhaber der E-Mail-Adresse zu erlangen, lehnte das OLG München jedoch einen Auskunftsanspruch gegenüber diesem ab, da ein solcher E-Mail-Dienst kein Anbieter im Sinne von § 21 TDDDG sei.

Nach § 21 Abs. 3 TDDDG ist für die Erteilung der Auskunft zunächst eine vorherige gerichtliche Anordnung über die Zulässigkeit der Auskunftserteilung erforderlich, die vom Verletzten zu beantragen ist. Zuständig hierfür ist das Landgericht ohne Rücksicht auf den Streitwert. Gegen die Entscheidung des Landgerichts ist die Beschwerde statthaft.

Hintergrund zum Fall

Im hier zugrunde liegenden Fall verlangte die Antragstellerin Auskunft von den Betreibern zweier Bewertungsplattformen, von denen eine in Irland sitzt. Sie wollte Informationen über personenbezogene Daten wie Name, Anschrift, E-Mail-Adresse und IP-Adresse von Nutzern erhalten, die negative Bewertungen abgegeben hatten. Die Rezensionen soll teils scharfe Kritik an den Vorgesetzten enthalten und dem Unternehmen Manipulationen bei Umsatzzahlen vorgeworfen haben. Nach Auffassung der Antragstellerin handelte es sich nicht um sachliche Kritik, sondern um eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts und rechtswidrige Schmähkritik, die zugleich Straftatbestände wie Beleidigung oder Verleumdung erfülle.

Entscheidung des OLG Bamberg

Das Landgericht (LG) Bamberg hatte den nach § 21 Abs. 3 S. 1 TDDDG gestellten Antrag zunächst zurückgewiesen. Daraufhin richtete sich die Antragsstellerin mittels Beschwerde nach § 21 Abs. 3 S. 8 TDDDG an das OLG Bamberg, um so die Auskunft zu erlangen. Auch dieses gab im Ergebnis dem Begehren der Antragsstellerin nicht statt.

Keine internationale Zuständigkeit

Bezüglich des Unternehmens mit Sitz in Irland lehnte das OLG Bamberg schon die internationale Zuständigkeit ab. Auch der besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung greife nicht, da es an einer hinreichenden Begründung für eine Störerhaftung fehle. Damit war der Antrag insoweit schon aus formalen Gründen unzulässig.

Keine Auskunft über alle Datenkategorien

In Bezug auf die zweite Plattform nahm das Gericht zwar generell einen Auskunftsanspruch an, prüfte aber, welche Daten konkret herauszugeben wären. Dabei differenzierte es zwischen Bestandsdaten wie Name oder E-Mail-Adresse und Nutzungsdaten nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 TDDDG wie IP-Adressen. Da § 21 Abs. 2 Satz 1 TDDDG den Auskunftsanspruch ausdrücklich nur auf Bestandsdaten beschränke, sei die Herausgabe von IP-Adressen ausgeschlossen.

Hohe Anforderungen an rechtswidrige Inhalte

Im Ergebnis verneinte das OLG Bamberg aber auch eine Herausgabe der Bestandsdaten. Hierbei ging es um die Frage, ob die Bewertung tatsächlich strafrechtswidrig war. Das Gericht stellte in seinem Urteil klar, dass eine Äußerung nicht bereits deshalb rechtswidrig sei, weil sie überspitzt oder verletzend wirkt. Eine strafbare Handlung etwa im Sinne einer Schmähkritik liege nur dann vor, wenn es der Äußerung an jeglichem Bezug zur sachlichen Auseinandersetzung fehlt und sie ausschließlich der Verächtlichmachung dient. Nach Auffassung des OLG Bamberg war dies hier nicht der Fall. Auch wenn die Bewertung polemisch formuliert sei, enthalte sie zumindest Ansätze einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Verhalten der Vorgesetzten. Die Kritik am „künstlichen Bremsen des Umsatzes“ sei ein Beispiel für eine konkrete inhaltliche Beanstandung. Damit liege keine reine Schmähung vor.

Abwägung zwischen Unternehmenspersönlichkeitsrecht und Meinungsfreiheit

Entscheidend sei somit eine Abwägung der widerstreitenden Interessen. Auf der einen Seite stehe das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin, auf der anderen die Meinungsfreiheit des Rezensenten. Hier überwiegt nach Ansicht des OLG Bamberg die Meinungsfreiheit. Hervorgehoben wurde insbesondere, dass die Bewertung durch eine satirische Überschrift („Der einzig fähige Leiter dieser Firma: ein Kupferkabel“) deutlich machte, dass es sich nicht um eine objektive Tatsachenbehauptung, sondern um eine überspitzte Wertung handelt. Weiterhin lasse sich der Gesamtzusammenhang von Sternebewertung und Text nicht aufspalten, weshalb auch keine Verleumdung vorliege.

Fazit

Das Urteil des OLG Bamberg bekräftigt den Datenschutz in Bewertungsportalen und beschränkt den Auskunftsanspruch nach § 21 Abs. 2 Satz 2 TDDDG erneut. Unternehmen können nur dann auf die Herausgabe von Nutzerdaten hoffen, wenn Bewertungen klar strafbaren Charakter haben oder jegliche sachliche Grundlage entbehren. Für die Praxis bedeutet dies, dass die Möglichkeiten zur Identifizierung anonymer Rezensenten eng begrenzt bleiben.