Der Digital Services Act (DSA) bringt für Betreiber von Online-Plattformen weitreichende Verpflichtungen mit sich. Das gilt insbesondere im Umgang durch Plattformen mit Hinweisen auf rechtswidrige Inhalte. Bislang war jedoch umstritten, ob Nutzer zwingend die von Plattformen bereitgestellten Meldeformulare verwenden müssen oder ob auch andere Kommunikationswege ausreichen. Mit einem Beschluss vom 25.08.2025 (10 W 70/25) hat das Kammergericht (KG) Berlin entschieden, dass keine Bindung an Formulare von Plattformen bei DSA-Meldung besteht. Entscheidend sei vielmehr, dass eine Meldung inhaltlich präzise und ausreichend begründet erfolgt. Insofern könne auch das Einreichen über einen Anwalt genügen.
Weiterlesen: KG Berlin: Keine Bindung an Formulare bei DSA-MeldungHintergrund des Falls
Ausgangspunkt war eine Beschwerde einer Frau, nach deren Meinung Inhalte auf einer Plattform eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellten. Anstatt für eine Beschwerde das elektronische Meldesystem der Plattform zu verwenden, ließ sie ein anwaltliches Schreiben versenden, in dem die Entfernung der Inhalte mittels einstweiliger Verfügung gefordert wurde.
Verhältnis zu Art. 16 DSA
Art. 16 DSA verpflichtet Hostingdiensteanbieter, ein leicht zugängliches und benutzerfreundliches elektronisches Meldeverfahren einzurichten. Dieses soll gewährleisten, dass Hinweise standardisiert und effizient verarbeitet werden können. Geht beim Anbieter eine hinreichend genaue und angemessen begründete Meldung ein, so wird nach Abs. 3 angenommen, dass der Anbieter die rechtswidrigen Inhalte kennt. Hier ist fraglich, ob dies auch gilt, wenn eine Meldung über einen anderen als vom Plattformbetreiber bereitgestellten Weg eingereicht wird.
Das Landgericht Berlin II verneinte dies im vorliegenden Fall zunächst und wies den Antrag ab. Nach dessen Auffassung konnte die Plattform den Hinweis nur durch die Nutzung des selbst bereitgestellten Formulars zumutbar zur Kenntnis nehmen.
Entscheidung des KG Berlin
Das KG Berlin hob diese Entscheidung nun auf und beschloss, dass keine Bindung an Formulare bei einer DSA-Meldung besteht. Die Richter machten deutlich, dass der DSA keine exklusive Bindung an das Meldeformular vorsieht. Zwar seien Plattformbetreiber nach Art. 16 DSA verpflichtet, ein solches Verfahren bereitzustellen, doch könne daraus keine Pflicht für Nutzer abgeleitet werden, ausschließlich diesen Weg zu beschreiten. Vielmehr komme es auf den Inhalt der Meldung an, der insbesondere präzise und hinreichend begründet sein müsse.
Tipps für die Praxis
Meldungen über andere Kanäle sind nach Ansicht des Gerichts grundsätzlich zulässig. Dennoch bleibt der Weg über bereitgestellte Formulare die rechtssicherste Methode, da dort die gesetzliche Vermutung der Kenntnis des Betreibers greift. Doch auch Meldungen außerhalb dieses Systems können die erforderliche Kenntnis begründen, wenn sie die notwendigen Informationen enthalten.
Für Plattformbetreiber bedeutet dies insbesondere, dass sie ihre internen Prozesse so ausgestalten sollten, dass auch außerhalb des vorgesehenen Formulars eingehende Hinweise geprüft und sachgerecht behandelt werden. Ein Verweis auf die ausschließliche Nutzung des Formulars genügt nicht. Dies kann einen zusätzlichen organisatorischen Aufwand bedeuten. Zugleich entsteht für Plattformen ein Risiko, wenn Meldungen außerhalb des Formulars nicht oder verspätet bearbeitet werden und eine Kenntnisnahme bewiesen werden kann. Im Übrigen sollten Plattformbetreiber auch prüfen, ob eine Mitteilung die Anforderungen des DAS an hinreichend begründete und präzise Angaben erfüllt. Dazu gehören etwa die Angabe der betroffenen Inhalte, die konkrete Fundstelle, die Kontaktdaten des Hinweisgebers sowie eine nachvollziehbare Begründung, weshalb ein Rechtsverstoß vorliegen soll.
Fazit
Das KG Berlin hat mit seinem Beschluss wichtige Leitlinien für den Umgang mit Meldungen nach dem DSA formuliert. Plattformbetreiber können sich nicht allein auf ihre Formulare berufen, sondern müssen auch auf alternative Kommunikationswege reagieren. Für Unternehmen bedeutet dies, ihre internen Prozesse anzupassen und sicherzustellen, dass sämtliche Hinweise geprüft werden, die die Anforderungen des DSA erfüllen. Als Externe Compliancebeauftragte helfen wir Ihnen dabei entsprechende Verfahren zu etablieren.