Seit dem 01.11.2024 gilt in Deutschland das neue Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag (SBGG). Es erleichtert trans-, intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen die Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen. Diese gesetzliche Neuregelung hat nicht nur familien- und personenstandsrechtliche Auswirkungen, sondern ist auch für Unternehmen datenschutzrechtlich relevant. Deshalb hat die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit am 22.07.2025 eine Mitteilung veröffentlicht, in der sie erklärt, dass eine kostenlose Anpassung von Geschlechtsangaben durch Unternehmen erfolgen muss.
Weiterlesen: Kostenlose Anpassung von Geschlechtsangaben durch UnternehmenDatenschutzrechtliche Pflicht zur Berichtigung
Art. 16 Datenschutzgrundverordnung(DSGVO) verpflichtet Verantwortliche, personenbezogene Daten unverzüglich zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind. Dies gilt auch dann, wenn eine Person etwa nach einer personenstandsrechtlichen Änderung ihren neuen Namen oder Geschlechtseintrag mitteilen möchte. Der Anspruch darf laut der Pressemitteilung der Datenschutzbeauftragten als zentrales Betroffenenrecht nicht von unnötigen Hürden oder gar einer finanziellen Gegenleistung abhängig gemacht werden.
Vor diesem Hintergrund sei es unzulässig, wenn Unternehmen für die Änderung eines Vornamens oder Geschlechtseintrags eine Bearbeitungsgebühr verlangen. Ebenso unzulässig sei es, die Berichtigung an hohe formale Anforderungen zu knüpfen, die mit dem Anliegen nichts zu tun haben, wie etwa die Vorlage eines Formulars zur Vertragsübernahme oder ähnliche, aus anderen Zusammenhängen abgeleitete Verfahren.
Fall aus Berlin: Servicegebühren werden zum Datenschutzproblem
Wie aus der Pressemitteilung der Berliner Datenschutzbeauftragten hervorgeht, war ein solches Fehlverhalten jüngst Gegenstand konkreter Beschwerden. Betroffene sollen sich an die Aufsichtsbehörde gewendet haben, weil ein Webhosting-Unternehmen ihre Bitte um Namensänderung nicht nur mit der Pflicht zur Ausfüllung eines Formulars zur Vertragsübernahme verknüpft haben soll, sondern auch eine Servicegebühr verlangt haben soll mit dem Hinweis, diese werde nachträglich erstattet.
Dieses Vorgehen sei in mehrfacher Hinsicht datenschutzwidrig. Zum einen sehe Art. 16 DSGVO eine unentgeltliche Ausübung des Betroffenenrechts vor. Zum anderen verpflichtet Art. 12 Abs. 2 DSGVO Verantwortliche, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die Ausübung der Rechte so einfach wie möglich zu machen. Ein Verfahren, das auf eine abschreckende Komplexität hinausläuft oder sogar Kosten produziert, verfehlt diesen Zweck und ist rechtlich unzulässig. Konkret erklärt Meike Kamp, die Landesdatenschutzbeauftragte, dass für Leute, die ihren „Namen oder Geschlechtseintrag ändern möchte […] das Recht auf einfache und kostenlose Berichtigung personenbezogenen[er] Daten bei Unternehmen“ besteht.
Sie weist darauf hin, dass das Unternehmen seine Prozesse mittlerweile geändert habe und die Betroffenen die Änderung Ihres Vornamens kostenfrei durchführen konnten.
Organisatorische und technische Umsetzungspflichten
Unternehmen müssen sich auf Änderungen von Namen und Geschlechtseintrag organisatorisch vorbereiten. Sie sind verpflichtet, Verfahren zur unkomplizierten Berichtigung solcher Daten zu schaffen, und zwar so, dass betroffene Personen nicht aufwändig über Servicekanäle diskutieren oder komplexe interne Prozesse durchlaufen müssen.
Dazu gehört nicht nur die technische Möglichkeit, Daten einfach und ohne Medienbruch zu ändern. Auch interne Richtlinien, Anweisungen für den Kundenservice und Schulungsmaßnahmen sind erforderlich, um sicherzustellen, dass die Berichtigung von Vornamen und Geschlechtseinträgen nicht zur Hürde wird.
Fazit
Das neue Selbstbestimmungsgesetz hat in der öffentlichen Debatte viel Aufmerksamkeit erzeugt. Unternehmen, die mit personenbezogenen Daten arbeiten, sind gut beraten, auch die damit verbundenen datenschutzrechtlichen Konsequenzen ernst zu nehmen. Wer hier mit überkommenen Prozessen arbeitet, verstößt gegen geltendes Recht. Gerade weil der rechtliche Anspruch auf Selbstbestimmung in sensiblen Lebensbereichen wie dem Personenstand Ausdruck der persönlichen Freiheit ist, sollte seine Umsetzung auch im Alltag funktionieren.